
Schulden bei Mitarbeitenden erkennen – und als Führungskraft unterstützen!
Mitarbeitende, die Schulden haben, sind mental sehr stark unter Druck und leisten oft weniger. Hinzu kommt, dass eine Lohnpfändung drohen kann, wenn Mitarbeitende ihre Schulden nicht bezahlen können. Und das bedeutet viel Arbeit für den Arbeitgeber. Wie Sie als Führungskraft finanzielle Schwierigkeiten bei Ihren Teammitgliedern erkennen und darauf reagieren können.
Die American Psychological Association (APA) hat in ihrem jährlichen Bericht „Stress in America“ wiederholt festgestellt, dass ein häufiger Stressfaktor bei Erwachsenen die Angst um die Zukunft, insbesondere um die finanzielle Sicherheit ist.
Anzeichen von finanziellen Problemen bei Mitarbeitenden können z.B. sein: Das Teammitglied nimmt nicht mehr an Treffen mit den Kolleg:innen in der Freizeit teil (z.B. gemeinsames Abendessen, After Work Events) und beteiligt sich nicht mehr an den Kosten von Geburtstagsgeschenken.
Bestimmte Verhaltensänderungen oder Symptome können darauf hinweisen, dass ein Mitarbeiter finanzielle Probleme hat.
Anzeichen für finanzielle Probleme bei Mitarbeitenden erkennen:
Soziales Miteinander
- An Treffen mit Kollegen in der Freizeit nimmt der Betreffende nicht mehr teil, wie z.B. dem gemeinsamen Feierabendbier
- Der oder die Kolleg:in nimmt mit Ausreden an betrieblichen Feiern nicht mehr teil (wahrscheinlich, weil die Kosten für eine Teilnahme zu hoch sind)
- Geburtstagsrunden werden gemieden und / oder am eigenen Geburtstag wird frei genommen (um die Kosten für ein Geschenk oder die Kosten für Geburtstagsrunden zu vermeiden)
- Einzahlungen in die "Kaffeekasse" werden weit hinausgezögert oder finden nicht mehr statt
Weitere offensichtliche Hinweise
- Es wird versucht, Schichten zu tauschen, um die Nacht-, Feiertags- und Mehrarbeitszuschläge zu erhalten
- Der Mitarbeitende fragt um Erlaubnis, einen Nebenjob annehmen zu dürfen
- Wertgegenstände wie Handy oder Spielekonsolen werden Kollegen zum Kauf angeboten, um so finanziellen Spielraum zu bekommen.
- Regelmäßig nutzt der/die Arbeitnehmer:in die Möglichkeit, sich einen Vorschuss auszahlen zu lassen.
- Der/die Mitarbeiter:in frägt nach einem Mitarbeiterkredit
- Es geht eine Lohnpfändung ein
Verminderte Qualität der Arbeit
- Der Mitarbeiter wirkt gestresst, ist leicht reizbar oder sichtbar emotional belastet, ohne dass es eine berufliche Ursache dafür gib
- Es gibt plötzliche Leistungseinbußen oder Konzentrationsprobleme.
- Der Mitarbeiter ist übermüdet und unkonzentriert, da ihn seine finanziellen Sorgen nicht mehr schlafen lassen.
- In äußerst gravierenden Fällen sind Mitarbeiter durch Verwahrlosungserscheinungen aufgefallen, wie Ungepflegtheit oder schmutzige Kleidung. Hintergrund kann hier eine bereits eingetretene Obdachlosigkeit sein.
So reagieren Sie als Führungskraft effektiv
1. Teammitglied in einem vertraulichen Gespräch ansprechen
Stellen Sie als Teamleitung zunehmend Anzeichen fest, die auf eine Verschuldung schließen lassen, ist es oftmals hilfreich, den Mitarbeitenden in einem vertraulichen Gespräch darauf anzusprechen.
Gehen Sie dabei sensibel vor. Schulden sind ein sehr schambehaftetes Thema. Oftmals verstecken Schuldner:innen ihr Problem auch aus Angst vor Jobverlust oder Mobbing durch Kolleg:innen. Nehmen Sie Ihrem Mitarbeitenden diese Angst!
2. Vertrauensvolle Atmosphäre schaffen
Hier sind einige Tipps, wie Sie als Führungskraft eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen können:
Privater Raum: Stellen Sie sicher, dass das Gespräch in einer privaten und sicheren Umgebung stattfindet, ohne Ablenkungen oder das Gefühl, beobachtet zu werden.
Aktives Zuhören: Hören Sie Ihrem Mitarbeitenden aufmerksam zu, ohne zu unterbrechen. Zeigen Sie echtes Interesse und bestätigen Sie dies durch empathischen Aussagen wie „Ich verstehe, dass es schwierig für Sie ist.“
Respektvolle Kommunikation: Verwenden Sie eine respektvolle und nicht wertende Sprache. Vermeiden Sie es, den Mitarbeitenden zu kritisieren oder zu beurteilen, selbst wenn die Situation schwierig ist.
Vertraulichkeit zusichern: Versichern Sie Ihrem Mitarbeitenden, dass das Gespräch vertraulich bleibt und keine Informationen ohne ihre Zustimmung weitergegeben werden. Dies schafft Sicherheit.
Empathie zeigen: Vermeiden Sie es, sofort Lösungen anzubieten, sondern lassen Sie dem Mitarbeitenden den Raum, seine Gefühle auszudrücken. Das schafft Raum für mehr Verständnis.
Nicht drängen: Geben Sie dem Mitarbeitenden die Zeit, die er braucht, um sich zu öffnen. Drängen Sie nicht auf eine sofortige Lösung oder auf das Teilen von Details, wenn er nicht bereit ist.
Rückversicherung geben: Stellen Sie klar, dass niemand perfekt ist und jeder mal Unterstützung braucht. Machen Sie deutlich, dass es normal ist, Hilfe zu suchen, und dass niemand allein mit seinen Problemen umgehen muss.
Förderung einer offenen Unternehmenskultur: Unterstützen Sie eine Unternehmenskultur, in der Fehler und Herausforderungen offen thematisiert werden können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Dadurch entsteht ein allgemeines Klima des Vertrauens.
Positive Bestärkung: Bestätigen Sie den Mut und die Offenheit des Mitarbeitenden, sich zu öffnen. Positive Rückmeldungen stärken das Vertrauen und ermutigen, auch in Zukunft offen zu sein.
Lösungsorientiert bleiben: Bieten Sie konstruktive Hilfe und Unterstützung an, ohne dem Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, dass er seine Probleme allein nicht bewältigen kann.
Wie können Arbeitgeber Mitarbeitende mit finanziellen Schwierigkeiten unterstützen?
Wenn Sie als Arbeitgeber durch eine Lohnpfändung von der Verschuldung Ihres Arbeitnehmers erfahren, bieten Sie Ihre Hilfe an oder stellen dem Arbeitnehmenden zumindest Informationen zur Verfügung, wo er sich professionelle Hilfe besorgen kann. Hier gilt: Je früher, desto besser!
Für den Weg „Raus aus den Schulden“ gibt es viele Möglichkeiten, vom Haushaltsplan, über Gläubigerverhandlungen, Umschuldung bis hin zur Privatinsolvenz.
Info: Schulden können jeden treffen: Die häufigsten Ursachen und Risiken der Überschuldung
In Deutschland sind Kredite eine weit verbreitete Finanzierungsmöglichkeit – sei es für Immobilien, Autos, Möbel oder für den Konsum. Solange das Einkommen ausreicht, um die Zinsen und Tilgungsraten zu decken, besteht keine Gefahr. Doch wenn das Einkommen plötzlich nicht mehr ausreicht oder der Überblick über die Finanzen verloren geht, kann sich rasch ein Schuldenberg aufbauen.
Ursachen von Überschuldung
Es ist weit verbreitet, die Überschuldung auf unüberlegtes Konsumverhalten zurückzuführen. Tatsächlich zeigt sich jedoch, dass die meisten Fälle von Überschuldung bei Erwachsenen durch unerwartete Ereignisse ausgelöst werden.
Eine der Hauptursachen für Überschuldung im Jahr 2024 war beispielsweise die Krankheit oder psychische Erkrankungen. Das ist das Ergebnise des iff-Überschuldungsreport 2024 des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff).
Laut diesem Bericht waren gesundheitliche Probleme, einschließlich Sucht und Krankheit, in 18,4 % der Fälle der Hauptauslöser für Überschuldung und übertrafen damit erstmals die Arbeitslosigkeit, die in 17,5 % der Fälle genannt wurde. Eine langwierige Erkrankung führt zu steigenden Ausgaben für Medikamente und Behandlungen, während gleichzeitig das Einkommen durch den Bezug von Krankengeld deutlich sinkt. Dies kann den Haushaltsplan durcheinanderbringen und dazu führen, dass plötzlich das Geld für Miete, Stromrechnungen oder den Autokredit fehlt.
Download iff-Überschuldungsreport 2024
Darüber hinaus können auch Arbeitslosigkeit, reduzierte Arbeitszeit, Kurzarbeit, Trennung oder Scheidung sowie andere negative Ereignisse und Schicksalsschläge dazu führen, dass die vereinbarte Ratenrückführung nicht mehr geleistet werden kann. Auch im Niedriglohnsektor besteht ein höheres Risiko für Überschuldung, dennoch kann es jeden Mitarbeiter treffen.
Auch Gutverdiener sind betroffen
Trotz höherem Einkommen können auch Gutverdiener in finanzielle Engpässe geraten. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn private Krankenkassenrückerstattungen ausbleiben, eine unerwartete Steuerrückzahlung fällig wird oder ein schwerer Schicksalsschlag (z.B. Suchtprobleme wie Spielsucht) die finanzielle Situation ins Wanken bringt.
Einkommens- und Budgetberatung für Arbeitnehmer
Das geschulte Team des pme Familienservice aus dem Bereich Einkommens- und Budgetberatung steht sowohl Ihnen als Führungskraft als auch dem Mitarbeitenden gerne beratend zur Seite. Wir suchen zusammen mit dem Betroffenen eine gemeinsame Lösung – auch in Zusammenarbeit mit den Gläubigern, und wenn nötig wird der Mitarbeitende sogar bis zur Privatinsolvenz begleitet.
Manuela Sontheimer
Zertifizierte Schuldner- und Insolvenzberaterin
Fachbereich Einkommens- und Budgetberatung des pme Familienservice
E-Mail: manuela.sontheimer@familienservice.de
Im Auftrag von mehr als 1.400 Arbeitgebern unterstützt die pme Familienservice Gruppe Mitarbeiter:innen darin, Beruf und Privatleben gelingend zu vereinbaren und mit freiem Kopf arbeiten zu können.
Wir stehen Berufstätigen bei Krisen zur Seite, z. B. bei Konflikten am Arbeitsplatz, Sucht- oder Partnerschaftsproblemen, finanziellen Herausforderungen oder beim Thema Pflege und Kinderbetreuung.